Welt­post­ver­ein (UPU)

Der Weltpostverein (WPV / UPU) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die am 09. Oktober 1874 in Bern gegründet wurde. Deutschland ist in besonderer Weise mit dem Weltpostverein verbunden, da Generalpostmeister Heinrich von Stephan den Anstoß für die Gründung des internationalen „Allgemeinen Postvereins“ gab. Das BMWK vertritt Deutschland im WPV und wird dabei von der Bundesnetzagentur unterstützt. Die Bundesnetzagentur arbeitet hierbei unter anderem im Verwaltungsrat für hoheitliche und regulatorische Themen (CA) und im Rat für Postbetrieb (POC) mit.

Organisationsstruktur

Alle vier Jahre bestimmt ein Weltpostkongress die strategische und finanzielle Ausrichtung des Weltpostvereins. Zwischen zwei regulären Kongressen nimmt das Internationale Büro (IB) mit Sitz in Bern die Geschäfte des WPV wahr. Kontrolliert wird das IB durch den Verwaltungsrat (CA), welcher auch über die Finanzen des IB bestimmt und aus 40 gewählten Mitgliedsländern sowie dem Gastgeberland des Kongresses besteht. Er tagt zweimal jährlich. Ebenso zweimal jährlich tagt der Postbetriebsrat (POC) mit 48 Mitgliedern, der für betriebliche Angelegenheiten und Fragen der Standardisierung im internationalen Postverkehr zuständig ist. Zur Wahrnehmung der vertraglich vereinbarten betrieblichen Rechte und Pflichten im Rahmen des WPV hat die Bundesregierung die Deutsche Post AG (DP AG) als Betreiber benannt.

Kongress von Abidjan

Im aktuellen Turnus sollten im August 2020 auf dem Kongress von Abidjan, der Hauptstadt der Republik Côte d'Ivoire, die Weichen für die nächsten vier Jahre gestellt werden. Nachdem die Pandemie einen dreiwöchigen, weltumspannenden Kongress mit vierstelligen Teilnehmerzahlen verhinderte, wurde er zunächst um ein Jahr auf August 2021 verschoben. Vor dem Hintergrund der in den verschiedenen Weltregionen und Ländern unterschiedlichen Pandemieentwicklung gestaltete sich die Entscheidung über das Veranstaltungsformat schwierig. Letztlich fand vom 09. bis 27. August 2021 in Abidjan ein Kongress in hybrider Form statt, der die Möglichkeit zur physischen Teilnahme mit einer virtuellen Teilnahme verband. Eine gesonderte Regelung wurde für den Fall geheimer Abstimmungen getroffen: Diese war nur physisch repräsentierten Teilnehmern möglich. Virtuellen Teilnehmern blieb die Option, vor Ort vertretenen Mitgliedsländern eine Vollmacht zu erteilen.

Wahl des Generaldirektors und Besetzung der Gremien

In geheimer Abstimmung wurden der japanische Kandidat Masahiko Metoki zum neuen Generaldirektor und der slowenische Kandidat Marjan Osvald zum stellvertretenden Generaldirektor gewählt. Auch die Mitglieder des Verwaltungsrats (CA) und des Postbetriebsrats (POC) wurden neu gewählt. Deutschland ist demnach auch im Zyklus 2022 - 2025 in beiden Gremien vertreten. Während Côte d`Ivoire als Gastgeber des Kongresses den Vorsitz im Verwaltungsrat übernimmt, wurde Frankreich zum Vorsitzenden des Postbetriebsrats gewählt.

Weltpostvertrag, Budgetfragen

Hinsichtlich der Vertragswerke des Weltpostvereins ergab sich eine grundlegende Neuerung bezüglich des Weltpostvertrags. Bisher wurde dieser alle vier Jahre im Rahmen des Kongresses als Ganzes und inklusive der Änderungen zum bisherigen Vertrag neu vereinbart. Der in Abidjan beschlossene und zum 1. Juli 2022 in Kraft tretende neue Weltpostvertrag wird unbeschränkt gültig sein. Lediglich die jeweiligen Änderungen am Vertrag müssen künftig neu vereinbart werden. Für zahlreiche Mitgliedsländer stellt dies eine Erleichterung hinsichtlich der Ratifizierung des Vertrags bzw. der Vertragsänderungen dar.

Mit der Neugestaltung der Beitragszahlungen der Mitgliedsländer an den Weltpostverein konnte ein lange schwelender Streitpunkt unter deutscher Vermittlung gelöst werden. Zunächst wurde ein an den Verteilungsschlüssel für die Ausgaben der Vereinten Nationen angelehnter Maßstab für die Höhe der Zahlungen der jeweiligen Länder entwickelt. Unter diesem Eindruck bekannten sich mehrere Länder (u. a. Deutschland, USA, Japan, China) zu einer deutlichen Ausweitung ihrer Zahlungen. Dies führt unter sonst gleichen Umständen zu einer Verringerung der Zahlungen der übrigen Länder. Hiervon werden gemäß dem gefundenen Kompromiss jedoch nur die Länder profitieren, deren Beitrag dem zuvor entwickelten Maßstab entspricht oder diesen übersteigt, bzw. Länder, die deutliche Schritte unternehmen, um diesem Ziel nahezukommen. Der Weltpostverein unterhält einen Fonds zur Finanzierung der Pensionen seines Personals. Dieser finanziert sich aus Beiträgen des Personals bzw. des Weltpostvereins. Seit einiger Zeit bildet er nicht mehr die Verbindlichkeiten aus den zukünftig zu erwartenden Pensionsansprüchen ab. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, wurden vor etwa zehn Jahren die Beiträge erhöht sowie die Altersgrenze für Pensionierungen angehoben. Dennoch sind zur Stabilisierung und Refinanzierung des Fonds zusätzliche Einzahlungen in Höhe von ca. 3,7 Millionen CHF jährlich mindestens über ein weiteres Jahrzehnt erforderlich. Davon werden derzeit 1,7 Millionen CHF aus Beiträgen der Mitgliedsländer und zwei Millionen CHF aus dem regulären Budget des Internationalen Büros des Weltpostvereins finanziert.

Öffnung des Weltpostvereins

Seit geraumer Zeit wird eine Öffnung des WPV für die „wider postal sector stakeholders“ ins Spiel gebracht. Deutschland hat hierzu einen Vorschlag in die internationale Diskussion eingebracht, den die Bundesnetzagentur aufgrund ihrer Regulierungserfahrung mitgestaltet hat. Derzeit werden die betrieblichen Rechte und Pflichten aus dem Weltpostvertrag bzw. die wirtschaftlichen Interessen des Postsektors vor allem durch die sogenannten „Benannten Betreiber“ vertreten. Diese bilden – je nach nationaler Ausgestaltung – die ganze Bandbreite von staatlichen Postverwaltungen bis hin zu vollständig privatisierten Postunternehmen ab. Die mit einer Öffnung verbundenen Ziele und Vorstellungen variieren noch stark zwischen den einzelnen Mitgliedsländern. Über die Ausweitung der Möglichkeit zur Mitgliedschaft in beratenden Gremien hinaus, bspw. für Organisationen aus dem privaten Sektor, wurden daher zunächst keine direkten, konkreten Öffnungsschritte vereinbart.

Klimainitiative

Vor dem Hintergrund des Klimawandels unterbreitete die deutsche Delegation zusammen mit Frankreich und Österreich unter maßgeblicher Beteiligung der DP AG einen Vorschlag zur internationalen Zusammenarbeit im Postsektor. Diese von nationalen Postorganisationen getragene Initiative soll Möglichkeiten zum Wissenstransfer bezüglich Strategien zur Reduktion von Treibhausgasen, Klimafinanzierungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Klimaanpassung, insbesondere im Kontext von internationalen postalischen Kooperationen ausloten und steht ausdrücklich dem gesamten Postsektor offen. Dies umfasst u. a. auch Unternehmen, die nicht als benannte Betreiber für Mitgliedsländer des Weltpostvereins tätig sind.

Außerordentlicher Kongress in 2023

Mit der Öffnung, den Budgetfragen in Zusammenhang mit Transferzahlungen an den Pensionsfonds des WPV und der in Abidjan ins Leben gerufenen weltweiten Klimainitiative wurden drei Themen mit so großer Bedeutung und Tragweite erkannt, dass ihre weitere Diskussion nicht alleine im Verwaltungsrat (CA), sondern auch auf einem außerordentlichen Kongress im Jahr 2023 erfolgen soll. Der wachsende internationale Versandhandel bringt neue Kundenwünsche mit sich. Ein Beispiel hierfür ist die Nachverfolgung des Sendungswegs durch Kundinnen und Kunden in Echtzeit, das sogenannte „Tracking". Es wurden zwei Optionen zur Einführung eines verpflichtenden Trackings im Import erörtert; letztlich entschieden die Mitgliedsländer beide Optionen zu verwerfen und keine verpflichtenden Regelungen einzuführen. Einen ebenso direkten Kundenbezug hatte die Frage, ob die Frist für die verpflichtende Annahme von Nachforschungsaufträgen von sechs auf drei Monate nach Aufgabe der Sendung reduziert werden sollte. Hier entschieden sich die Mitgliedsländer dafür, die bisherige Frist von sechs Monaten beizubehalten.

Der nächste reguläre Kongress wird 2025 in Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, abgehalten.

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