BK4-12-656A02 Änderung der Festlegung zur Berechnung der sich aus genehmigten Investitionsmaßnahmen ergebenden Kapital- und Betriebskosten

Die Bundesnetzagentur hat gemäß § 29 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Nr. 8a am 01.09.2020 von Amts wegen ein Verfahren zur Änderung der Festlegung zur Berechnung der sich aus genehmigten Investitionsmaßnahmen ergebenden Kapital- und Betriebskosten (BK4-12-656) eingeleitet. Das Verfahren wird bei der Beschlusskammer 4 unter dem Geschäftszeichen BK4-12-656A02 geführt.

Die Bundesnetzagentur stellt den Tenor der beabsichtigten Entscheidung hiermit zur Konsultation.

In dem Verwaltungsverfahren nach § 29 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Nr. 8a ARegV hinsichtlich der Festlegung zur Berechnung der sich aus genehmigten Investitionsmaßnahmen ergebenden Kapital- und Betriebskosten (Az. BK4-12-656A02) hat die Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Tulpenfeld 4, 53113 Bonn, am XX.XX.2020 beschlossen:

Die mit Beschluss BK4-12-656 vom 02.05.2012, zuletzt geändert durch Beschluss vom 30.11.2016 (BK4-12-656A01), erfolgte Festlegung zur Berechnung der sich aus genehmigten Investitionsmaßnahmen ergebenden Kapital- und Betriebskosten (im Folgenden auch: Ausgangsbescheid) wird gemäߧ 29 Abs. 2 EnWG i.V.m. § 29 Abs. 1 EnWG, § 32 Abs. 1 Nr. 5a ARegV wie folgt geändert:

  1. Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen im Sinne des § 3 Nr. 2 EnWG sowie Betreiber von Gasversorgungsnetzen im Sinne des § 3 Nr. 6 EnWG sind verpflichtet, die Berechnung der sich aus genehmigten Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV ergebenden Kapital- und Betriebskosten hinsichtlich der Fremdkapitalverzinsung sowie der Gewerbesteuer nach Maßgabe dieser Festlegung vorzunehmen.

  2. Die Vorgaben dieses Änderungsbeschlusses gelten für alle - auch bereits in der Vergangenheit - nach § 23 ARegV genehmigten Investitionsmaßnahmen mit Wirkung ab dem 01.01.2020, solange keine andere Festlegung nach§ 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 8a ARegV hinsichtlich der Berechnung der sich aus genehmigten Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV ergebenden Kapital-und Betriebskosten getroffen wird.

  3. Der Abschnitt 5. Gewerbesteuer wird um die nachfolgende Maßgabe ergänzt: Die Bemessungsgrundlage der kalkulatorischen Gewerbesteuer wird auf die im vorigen Abschnitt genannte fiktive Eigenkapitalquote von 40 % begrenzt.

  4. Der Abschnitt 3. Fremdkapitalverzinsung bei tatsächlicher Aufnahme von Fremdkapital wird um die nachfolgende Maßgabe klargestellt: Der Zusatz „Liegt eine Konzernfinanzierung vor, erfolgt der Nachweis der Marktüblichkeit auf Basis der Beschaffung von Finanzierungen der finanzierenden Konzerngesellschaft. Erforderlich ist jedoch eine vertragliche Vereinbarung über die Bereitstellung von Fremdkapital durch die finanzierende Konzerngesellschaft.“ wird ersetzt durch: „Liegt eine Konzernfinanzierung vor, erfolgt der Nachweis der Marktüblichkeit auf Basis der für den die Investitionsmaßnahmen abrechnenden Netzbetreiber beschafften Finanzierungen der finanzierenden Konzerngesellschaft. Die auf Basis der Konzernebene für den Netzbetreiber stellvertretend beschafften Mittel sind transparent darzulegen und müssen den einzelnen Investitionsmaßnahmen zugeordnet werden können. Erforderlich ist ferner eine vertragliche Vereinbarung über die Bereitstellung von Fremdkapital durch die finanzierende Konzerngesellschaft.“

  5. Der Abschnitt 3. Fremdkapitalverzinsung bei tatsächlicher Aufnahme von Fremdkapital wird um die nachfolgende Maßgabe ergänzt: Bei besonderen Fremdkapitalaufnahmen, die eine Hybridanleihe darstellen oder einen vergleichbaren Charakter aufweisen, ist nur der nicht als Eigenkapital geltende Anteil berücksichtigungsfähig. Die Verzinsungshöhe des berücksichtigungsfähigen echten Fremdkapitalanteils ist durch Herausrechnung des Eigenkapitalzinssatzanteils aus der Gesamtverzinsung zu ermitteln.

  6. Im Übrigen bleibt der Ausgangsbescheid unberührt.

  7. Eine Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Hintergrund der beabsichtigten Entscheidung sind folgende Erwägungen:

In seiner Entscheidung vom 5. Mai 2020 (EnVR 26/19) hat der BGH die Vereinbarkeit der Begrenzung der Bemessungsgrundlage der kalkulatorischen Gewerbesteuer für den Kapitalkostenaufschlag auf eine fiktive Eigenkapitalquote von 40% mit höherrangigem Recht klargestellt. In seinen Urteilsgründen führt er dazu aus, dass der Senat bereits mehrfach entschieden hätte, dass der Verordnungsgeber berechtigt sei, bei seinen Regelungen zu berücksichtigen, dass eine Eigenkapitalquote von mehr als 40 % nicht schützenswert ist, weil sie bei Betreibern von Strom- und Gasnetzen Indiz für einen unzureichenden Wettbewerb sei (BGH, Beschlüsse vom 14. August 2008 - KVR 42/07, WuW/E DE-R 2395 Rn. 39 ff., insb. 41 - Rheinhessische Energie I; WuW/E DE-R 2701 Rn. 15 - SWU Netze; vom 18. Februar 2014 - EnVR 71/12, EnWZ 2014, 317 Rn. 24 - Rheinhessische Energie II; vom 8. Oktober 2019 - EnVR 58/18, juris Rn. 35 - Normativer Regulierungsrahmen).

Ferner macht er deutlich, dass eine etwaige nicht refinanzierbare Gewerbesteuerbelastung in pauschalen zwischen den Basisjahren greifenden Systemen, sich von den spezifischen Umständen eines betroffenen Netzbetreibers löse. Die Anwendung eines solchen pauschalen Systems begegne keinen rechtlichen Bedenken, wenn zugunsten der Netzbetreiber die höchste noch anerkennenswerte Eigenkapitalquote unterstellt werde. In diesen Systemen sei es daher folgerichtig, hinsichtlich der Fremdkapitalquote keine (kalkulatorische) Gewerbesteuer anzusetzen.

Diese Gedanken sind auf die Abrechnungsvorgaben der Investitionsmaßnahme übertragbar, bei denen - gleichsam ohne Anwendung eines Effizienzvergleichs - pauschal ein 40%iger Eigenkapitalanteil unterstellt wird. Da zudem die Investitionsmaßnahmenabrechnung die Ausgestaltung des Kapitalkostenaufschlags prägt, ist davon auszugehen, dass Übertragungsnetzbetreiber und Fernleitungsnetzbetreiber nicht gegenüber Verteilnetzbetreibern bessergestellt werden sollten.

Im Verwaltungsvollzug ist aufgefallen, dass Durchschnittzinsen der Konzernmutter 1:1 an Netzbetreibertöchter weiterbelastet werden. Dabei ist aber nicht sichergestellt, dass die diese Weiterbelastungen erzeugenden Kreditaufnahmen nicht für die Eigenkapitalausstattung, andere Geschäftsbereiche oder gänzlich andere Zwecke als dem Netzausbau aufgenommen werden. Insbesondere die Unternehmensfinanzierung in Verbindung mit der Konzernfinanzierung könnte begünstigen, dass vermehrt Darlehen und Anleihen, welche historisch bedingt hoch verzinst werden, den IMA-Abrechnungen zugeordnet werden. Unternehmen mit Unternehmensfinanzierung und Konzernfinanzierung dürfen aber gegenüber Unternehmen mit Unternehmensfinanzierung ohne Konzernfinanzierung nicht systematisch bessergestellt werden. Für die Fremdkapitalzinserstattung dürfen in beiden Ansätzen nur Kapitalaufnahmen Berücksichtigung finden, die für das relevante Netzgeschäft aufgenommen wurden. Im Hinblick auf das Gesamtverschuldungsvolumen und im Hinblick auf Aufnahmezeitpunkt der Kredite soll daher mehr Transparenz geschaffen werden. Beiden Problemen möchte die Beschlusskammer entgegenwirken, indem

  • zukünftig eine direktere Zuordnung von Fremdkapital und Fremdkapitalkonditionen auf die jeweiligen Investitionsmaßnahmen erfolgen soll und

  • größere Transparenz zusammen mit einer besseren Nachvollziehbarkeit und Sachgerechtigkeit von zugeordneten Darlehen sichergestellt wird.

Im Juni 2020 emittierte ein Unternehmen eine Hybridanleihe, welche aufgrund ihrer Höhe signifikant zur Finanzierung von Investitionsmaßnahmen beitragen könnte. Die bisherigen Regelungen zur Anerkennung von Fremdkapitalkosten umfassten lediglich Finanzierungsinstrumente, die ausschließlich aus verzinslichem Fremdkapital bestanden. Folglich ergibt sich aus Sicht der Beschlusskammer zusätzlicher Regelungsbedarf, da eine Hybridanleihe eine nachrangige Anleihe ist, die sowohl Eigen- als auch Fremdkapital enthält. Sie hat also sowohl Eigenschaften von Aktien als auch von Anleihen. Ihr Zins liegt meist über dem Zins normaler Anleihen, dafür bergen sie aber auch eventuell höhere Risiken. Ein Vorteil für Unternehmen: Weil ihnen das Geld oftmals langfristig zur Verfügung steht, hat es Eigenkapitalcharakter. In der Finanzierungslogik der Investitionsmaßnahmen dürfen diese Anleihen jedoch nicht in Gänze dem Fremdkapital zugerechnet und eine durchschnittliche Unternehmensfinanzierung nach oben treiben.

Die betroffenen Marktteilnehmer erhalten hiermit Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme bis zum 23.10.2020 (Posteingang), zu richten an die

Bundesnetzagentur
Beschlusskammer 4
Stichwort „Festlegung BK4-12-656A02“
Postfach 8001
53105 Bonn

BK4-12-656A02

Stand:30.09.2020

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