Missbräuchliche Vertragsklauseln
Mit Kapitel IV des Data Act wird auf europäischer Ebene eine Kontrolle für missbräuchliche Vertragsbestimmungen in Daten-Verträgen zwischen Unternehmen geschaffen.
- Für wen und für welche Verträge und Vertragsbestimmungen gilt die Kontrolle missbräuchlicher Vertragsbedingungen?
- Welche Folgen hat die Verwendung missbräuchlicher Vertragsbedingungen?
- Welche Vertragsbestimmungen sind als missbräuchlich anzusehen?
- Empfehlung von Mustervertragsklauseln
Der Data Act enthält eine umfassende Inhaltskontrolle von Verträgen zwischen Unternehmen, die die Nutzung und Weitergabe von Daten betreffen, ob missbräuchliche Vertragsbedingungen einer Partei einseitig auferlegt wurden. Damit soll insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen in Situationen, in denen der Dateninhaber in einer stärkeren Verhandlungsposition ist, der Zugang zu Daten erleichtert werden.
Für wen und für welche Verträge und Vertragsbestimmungen gilt die Kontrolle missbräuchlicher Vertragsbedingungen?
Erfasst sind Datenverträge zwischen Unternehmen, die den Datenzugang, die Datennutzung oder die Haftung und die Rechte bei Verletzungen oder bei Beendigungen datenbezogener Pflichten betreffen. Vertragliche Regelungen, die vom Schutzmaßstab des Artikel 13 Data Act abweichen, sind unwirksam.
Die Kontrolle missbräuchlicher Vertragsbedingungen nach dem Data Act gilt nur für Verträge zwischen Unternehmen. Sie ähnelt der im deutschen Recht bereits vorgesehenen Kontrolle von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
Eine Kontrolle missbräuchlicher Vertragsbedingungen findet nur bei solchen Vertragsbestimmungen statt, die einer Vertragspartei von der anderen Vertragspartei „einseitig auferlegt“ wurden. Als „einseitig auferlegt“ gelten Vertragsbedingungen, wenn sie von einer Vertragspartei vorgeschlagen werden und die andere Vertragspartei ihren Inhalt trotz des Versuchs, hierüber zu verhandeln, nicht beeinflussen kann. Ein Versuch zu verhandeln liegt in einer Bitte beziehungsweise dem Verlangen um Änderung des Vertragsbestandteils. Dabei kommt es – anders als im Rahmen von § 305b Absatz 1 Satz 3 BGB - nicht auf eine tatsächliche Verhandlungsbereitschaft des Verwenders an. Die Vertragspartei, die die Vertragsbedingung vorgeschlagen hat, trägt die Beweislast dafür, dass diese Klausel nicht einseitig auferlegt wurde. Dementsprechend sind Vertragsbedingungen, die zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt und anschließend in geänderter Form vereinbart werden, nicht einseitig auferlegt. Vertragsbedingungen, die zwar von nur einer Partei eingebracht wurden, dann aber vom anderen Unternehmen akzeptiert wurden, unterfallen ebenfalls nicht der Missbrauchskontrolle.
Von der Missbrauchskontrolle ausgenommen sind Klauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrags festlegen und solche für die Angemessenheit des Preises für die als Gegenleistung weitergegebenen Daten.
In zeitlicher Hinsicht gilt die Kontrolle missbräuchlicher Vertragsbedingungen ab dem 12. September 2025 für Verträge, die nach dem 12. September 2025 geschlossen werden. Für Verträge, die am oder vor dem 12. September 2025 geschlossen wurden, gilt die Kontrolle missbräuchlicher Vertragsbedingungen ab dem 12. September 2027, wenn sie unbefristet sind oder eine Laufzeit bis mindestens zum 11. Januar 2034 haben.
Welche Folgen hat die Verwendung missbräuchlicher Vertragsbedingungen?
Gemäß Kapitel IV des Data Act sind missbräuchliche Vertragsbedingungen, die einem Unternehmen einseitig auferlegt werden, nicht bindend. Die missbräuchliche Bedingung ist dann in Gänze nicht anwendbar. Eine Auslegung der unzulässigen Bestimmung dahingehend, dass ein zulässiger Rest bestehen bleibt, ist grundsätzlich nicht möglich (keine „geltungserhaltende Reduktion“). Die stärkere Partei trägt damit das Risiko für die Verwendung missbräuchlicher Vertragsbedingungen. Dies soll den Anreiz zur Verwendung missbräuchlicher Klauseln minimieren. Der restliche Vertrag bleibt jedoch grundsätzlich bestehen und bindend, soweit die verbleibenden Regelungen ohne die gestrichene Regelung noch Sinn machen. Nur ausnahmsweise ist der gesamte Vertrag unwirksam. Grundsätzlich soll das Vertrauen beider Vertragsparteien in den Fortbestand des Vertrages geschützt werden.
Welche Vertragsbestimmungen sind als missbräuchlich anzusehen?
Vertragsbedingungen sind gemäß Artikel 13 Absatz 3 Data Act missbräuchlich, wenn ihre Anwendung „eine grobe Abweichung von der guten Geschäftspraxis beim Datenzugang oder der Datennutzung darstellt“ oder „gegen das Gebot von Treu und Glauben verstößt“.
Diese Generalklausel wird durch eine Auflistung von Vertragsklauseln („Schwarze Liste“, Artikel 13 Absatz 4 Data Act) konkretisiert, die unter allen Umständen als missbräuchlich anzusehen sind. Dazu gehören zum Beispiel solche Klauseln, mit denen bewirkt oder bezweckt wird, die Haftung der Partei, die die Klausel einseitig auferlegt hat, für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit auszuschließen oder zu beschränken.
Der Data Act enthält zur Konkretisierung der Generalklausel zudem eine weitere Aufzählung von Klauseln, die eine widerlegbare Vermutung der Missbräuchlichkeit begründen („Graue Liste“, Artikel 13 Absatz 5 Data Act). Danach gilt eine Vertragsklausel zum Beispiel als missbräuchlich, wenn sie eine unangemessene Beschränkung der Rechtsmittel bei Nichterfüllung von Vertragspflichten oder eine Erweiterung der Haftung des Unternehmens, dem die Klausel einseitig auferlegt wurde, bezweckt oder bewirkt. Bei diesen vermutet missbräuchlichen Klauseln kann das Unternehmen, das die entsprechende Klausel verwenden möchte, widerlegen, dass sie missbräuchlich ist.
Empfehlung von Mustervertragsklauseln
Die Europäische Kommission empfiehlt die Verwendung, der von ihr erstellten unverbindlichen Mustervertragsklauseln für den Datenzugang und die Datennutzung.
Für den Landwirtschaftssektor empfiehlt das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat unverbindliche Musterbedingungen für Verträge über Agrardaten smarter Landmaschinen.
Kontakt
E-Mail: DataAct@BNetzA.de