Geo­blocking

Wenn es europäischen Verbrauchern oder endverbrauchenden Unternehmen durch Anbieter, die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums tätig sind, nicht ermöglicht wird, grenzüberschreitend Waren oder Dienstleistungen zu erwerben, spricht man von Geoblocking. Gleiches ist der Fall, wenn die Waren oder Dienstleistungen nicht zu den gleichen Bedingungen wie für Inländer angeboten werden. Seit dem 03.12.2018 gilt die Verordnung über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts (sog. Geoblocking-Verordnung).

Was ist Geoblocking?

Anbieter von Waren oder Dienstleistungen können auf verschiedenen Wegen in Erfahrung bringen, aus welchem Land ihre Kunden stammen. So kann ein Online-Anbieter einen ausländischen Käufer beispielweise an der Adresse, an der beim Zahlungsvorgang verwendeten Kreditkarte, an der IP-Adresse oder an der Telefonnummer erkennen und daraufhin seinen Internetauftritt sperren oder seine Preise und Konditionen verändern. Geoblocking kann auf unterschiedlichste Weise erfolgen.

Beim Online-Kauf werden Kunden aus dem EU-Ausland z.B. daran gehindert,

  • eine oder mehrere länderspezifische Versionen des Online-Shops eines Anbieters zu erreichen,
  • eine Bestellung mit einer Lieferung der Ware innerhalb des Liefergebiets des Anbieters abzugeben,
  • eine Ware in den Warenkorb zu legen,
  • oder zu bezahlen.

Geoblocking kann aber auch bei Einkäufen „vor Ort“ vorkommen – z.B. wenn für Touristen andere Eintrittspreise als für Einheimische verlangt werden.

Wer ist geschützt?

Die Geoblocking-Verordnung schützt „Kunden“. Dies sind zum einen Verbraucher, welche die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes besitzen oder ihren Wohnsitz in einem EU-Land haben. Daneben werden sog. endnutzende Unternehmen geschützt, die in einem EU-Land niedergelassen sind und Dienstleistungen ausschließlich zur Endnutzung in Anspruch nehmen oder Waren zur Endnutzung erwerben. Die Geoblocking-Verordnung schützt indes solche Unternehmen nicht, die Waren oder Dienstleistungen weiterverkaufen, umwandeln, verarbeiten, vermieten oder an Subunternehmer weitergeben.

Was ist nicht erlaubt?

Grundsätzlich unzulässig sind Diskriminierungen wegen Wohnsitz, Ort der Niederlassung oder Staatsangehörigkeit des Kunden. Es gilt: Kunden im EU-Ausland sollen grenzüberschreitend wie Einheimische einkaufen können („shop like a local“).

Beispiele für unzulässige Diskriminierungen:

Sperrung oder Beschränkung des Zugangs von Kunden zu Online-Benutzeroberflächen (Internetseiten und Anwendungen)
Beispiel: Sie möchten von Ihrem PC aus etwas bei einem Online-Shop in Frankreich
bestellen und werden automatisch auf die deutsche Version des Online-Shops umgeleitet.
Diskriminierende allgemeine Geschäftsbedingungen für Zugang zu Waren oder Dienstleistungen
Beispiel: Eine lokale Autovermietung hat unterschiedliche Bedingungen je nach Herkunftsland des Vertragspartners.
Diskriminierungen im Zusammenhang mit der Zahlung
Beispiel: Ein Online-Händler bietet die Zahlungsmöglichkeit per Kreditkarte an. Dies gilt allerdings ausschließlich für Kunden aus dem Heimatland des Online-Händlers. Für den ausländischen Kunden besteht keine Zahlungsmöglichkeit.

Weitere häufig gestellte Fragen

Welche Ausnahmen gibt es?

Die Geoblocking-Verordnung hat zahlreiche Ausnahmen. Diese betreffen sowohl bestimmte Arten von Dienstleistungen als auch bestimmte gerechtfertigte Ungleichbehandlungen (z.B. aufgrund sonstiger gesetzlicher Vorschriften). Die wichtigsten Ausnahmen sind:

Audiovisuelle Dienste (z.B. Streamingdienste);
Unter Geoblocking versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch häufig die grenzüberschreitende Einschränkung bei Streamingdiensten.
Aber: Diese Einschränkungen bei audiovisuellen Diensten fallen nicht in den Geltungsbereich der Geoblocking-Verordnung, sondern in den der Verordnung (EU) 2017/1128 (sogenannte Portabilitätsverordnung).
Finanzdienstleistungen wie Bankdienstleistungen und Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung und Rückversicherung, betrieblicher oder individueller Altersversorgung, Wertpapieren, Geldanlagen, Zahlungen, Anlageberatung, einschließlich der in Anhang I der Richtlinie 2006/48/EG aufgeführten Dienstleistungen (z.B. Finanzierungsleasing);
Dienstleistungen und Netze der elektronischen Kommunikation sowie zugehörige Einrichtungen und Dienste;
Verkehrsdienstleistungen (u.a. Eisenbahn/Flugverkehr) einschließlich Hafendienste; hierunter fallen keine Pauschalreisen;
Dienstleistungen von Leiharbeitsagenturen;
Gesundheitsdienstleistungen, unabhängig davon, ob sie durch Einrichtungen der Gesundheitsversorgung erbracht werden, und unabhängig davon, wie sie auf nationaler Ebene organisiert und finanziert sind, und ob es sich um öffentliche oder private Dienstleistungen handelt;
Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlangen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten;
Tätigkeiten, die im Sinne des Artikels 51 AEUV (alt Artikel 45 EG-Vertrag) mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind;
Soziale Dienstleistungen im Zusammenhang mit Sozialwohnungen, der Kinderbetreuung und der Unterstützung von Familien und dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Personen, die vom Staat, durch von ihm beauftragte Dienstleistungserbringer oder durch von ihm als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen erbracht werden;
Private Sicherheitsdienste;
Tätigkeiten von Notaren und Gerichtsvollziehern, die durch staatliche Stellen bestellt werden;
Nicht-wirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, also solche, die nicht für eine wirtschaftliche Gegenleistung erbracht werden.

Dürfen unterschiedliche Konditionen für bestimmte Kundengruppen auferlegt werden?

Anbieter dürfen ihre Waren und Dienstleistungen für verschiedene Kundengruppen oder in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Preisen und Konditionen anbieten. Sie dürfen zudem verschiedene Kundengruppen über unterschiedliche Webseiten in den jeweiligen Ländern und auch in unterschiedlichen Sprachen ansprechen. Will ein Kunde aus einem anderen Land der EU allerdings über die inländische Website des Anbieters bestellen, muss er das zu den gleichen Preisen und Konditionen können wie die Landesbewohner.

Beispiel: Ein deutscher Anbieter betreibt verschiedene länderspezifische Versionen seines Online-Shops zu unterschiedlichen Preisen und Konditionen. Ein französischer Kunde bestellt nicht über die für ihn gedachte französische Website, sondern über die deutsche. In diesem Fall muss der französische Kunde die Ware zu den gleichen Preisen und Konditionen wie deutsche Kunden bestellen können.

Was ist beim Versand von Waren zu beachten?

Beim Online-Verkauf von physischen Waren steht es grundsätzlich jedem Anbieter frei, sein Tätigkeitsgebiet und damit auch das Gebiet, in das er Waren versendet, zu bestimmen. Kunden können daher nicht zwangsläufig verlangen, dass der Verkäufer die Waren an ihre Heimatadresse versendet. Er muss allerdings ermöglichen, dass die Waren an einen Ort geliefert werden, der innerhalb seines Liefergebiets liegt (z.B. an einen Ort an/in der Nähe der Landesgrenze). Dort können die Kunden die Waren entweder selbst abholen oder die Abholung durch ein Logistikunternehmen organisieren lassen.
Sofern der Anbieter den Versand in weitere EU-Länder anbietet, darf er höhere Versandkosten als bei einem Inlandsversand verlangen.

Was tun im Falle eines Verstoßes?

In Deutschland ist die Bundesnetzagentur für die Durchsetzung der Geoblocking-Verordnung zuständig. Sie kann gegen deutsche Anbieter, die gegen die Geoblocking-Verordnung verstoßen, Anordnungen erlassen und Bußgelder verhängen.

Gegenüber Anbietern im EU-Ausland kann die Bundesnetzagentur im Rahmen des europäischen CPC-Netzwerks die zuständige nationale Behörde des betreffenden EU-Landes zum Erlassen von Maßnahmen auffordern. CPC bedeutet „Consumer Protection Cooperation“ und bezeichnet ein europäisches Behördennetzwerk, dessen Aufgabe es ist, Verbraucherrechte durchzusetzen.


Wenn Sie sich über einen Anbieter wegen Verletzung der Vorschriften der Geoblocking-Verordnung beschweren wollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular.

 

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Informationen zum Brexit


Nach Ablauf der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Übergangsperiode gelten auch im Bereich des Geoblocking die EU-Regelungen nicht mehr für Großbritannien. Das bedeutet, Anbieter aus Großbritannien können z.B. den Zugang zu ihrer Webseite für Kunden aus der EU sperren.
Aber: Anbieter aus Großbritannien, deren Angebot sich an den Markt eines bestimmten EU-Landes richtet, müssen für diesen Wirtschaftsraum weiterhin die Regelungen der Europäischen Union zum Geoblocking beachten. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn auf einer Webseite Waren oder Dienstleistungen in Euro angeboten, Ländersprachen (z.B. deutsch) verwendet oder länderspezifische Domänen (z.B. „.de“) eingesetzt werden. Kunden aus der EU können sich gegenüber diesen Anbietern weiterhin auf die Regelungen der Geoblocking-Verordnung berufen.
Weitere Informationen finden Sie unter:
EU-Com Notice to stakeholders regarding Brexit and geo-blocking (pdf / 161 KB)
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