Sper­ren im In­ter­net

Netzneutralität heißt: Internetzugangsdienste dürfen grundsätzlich keine Inhalte im Internet blockieren, verlangsamen oder auf sonstige Art ungleich behandeln. Jegliche Sperren im Internet – seien es DNS-, IP- oder URL-Sperren – stellen damit grundsätzlich einen Verstoß gegen die Netzneutralität dar.

In Kürze

  • Die Bundesnetzagentur ist für die Sicherung der Netzneutralität zuständig. Sie wacht also darüber, dass Internetzugangsanbieter keine unberechtigten Internetsperren anwenden. Im Falle unberechtigter Internetsperren kann sie die Unterlassung anordnen und Zwangs- oder Bußgelder verhängen.
  • Die Bundesnetzagentur ordnet keine Sperren im Internet an. Daher ist die Bundesnetzagentur nicht die richtige Ansprechpartnerin, wenn Privatpersonen oder Unternehmen eine DNS-, IP- oder URL-Sperre erreichen wollen.
  • Die Bundesnetzagentur ist nicht für die Durchsetzung der EU-Sanktionsverordnungen, sondern für die Überwachung der Netzneutralitätsverordnung (Verordnung (EU) 2015/2120) zuständig.

Wie Sie selbst gegen Inhalte im Internet vorgehen können, erfahren Sie unter Hinweise für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ausnahmen

Es gibt wenige Ausnahmefälle, in denen eine Beschränkung des offenen Internets erlaubt ist:

Sperren können zulässig sein, soweit und solange diese erforderlich sind, um europäische oder nationale Rechtsvorschriften umzusetzen. Auch Gerichte oder Behörden, die mit entsprechenden Befugnissen ausgestattetet sind, können die Blockierung unrechtmäßiger Inhalte anordnen. In diesen Fällen sind Sperren netzneutralitätskonform; der entsprechende Ausnahmegrund findet sich in Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe a Verordnung (EU) 2015/2120.

Zum Einsatz von netzneutralitätskonformen Sperren im Internet kann es also auf unterschiedlichen Wegen kommen:

  1. Behördliche Anordnungen gegen Internetzugangsanbieter
    Die zuständigen Behörden können auf Grund ihrer Zuständigkeiten (zum Beispiel des Jugendschutzrechts) DNS-Sperren anordnen.
    Eine Liste mit den der Bundesnetzagentur bekannten behördlichen Sperranordnung wird bald hier abrufbar sein.
  2. Gerichtliche Anordnungen gegen einzelne Internetzugangsanbieter
    Zivilgerichte können zum Beispiel eine DNS-Sperre anordnen, wenn Urheber eine Urheberrechtsverletzung darlegen können. Voraussetzung ist, dass der Urheber nicht direkt gegen den Webseiten- oder Hostingbetreiber vorgehen kann.
  3. Gesetzliche Anordnungen gegenüber allen Internetzugangsanbietern
    Gesetze oder Verordnungen können die Verbreitung von Inhalten verbieten. Die EU-Sanktionsverordnung gibt beispielsweise vor, dass Inhalte von einigen russischen Sendern nicht verbreitet werden dürfen. Das Verbot richtet sich nicht nur an Internetzugangsanbieter, sondern an alle, die an der Verbreitung der Inhalte in der EU beteiligt sind.
    Weitere Informationen zur EU-Sanktionsverordnung sowie eine Aufzählung von Domains, deren Sperrung aufgrund der EU-Sanktionsverordnungen keinen Verstoß gegen die Netzneutralität begründen, finden Sie unter EU-Sanktionsverordnungen.

Besonderheiten bei Sperren

URL-Sperren können nur mit sehr hohem Aufwand eingebaut werden. Außerdem werden bei IP-Sperren oft zahlreiche andere (legale) Inhalte gesperrt (sogenanntes "Overblocking"). Deshalb sind im Regelfall DNS-Sperren als verhältnismäßiges Sperr-Verfahren anzusehen. In seltenen Ausnahmefällen kann aus der gesetzlichen, gerichtlichen oder behördlichen Sperranordnung aber auch eine URL- oder IP-Sperre folgen. Nähere Hintergründe sind unter Technischer Hintergrund - Arten der Sperrmaßnahmen aufgeführt.

Adressaten von Sperranordnungen

Adressat von Sperranordnungen sind im Regelfall die Internetzugangsanbieter. Nur wer eine behördliche oder gerichtliche Sperranordnung erhalten hat oder einer gesetzlichen Sperranordnung unterliegt, darf und muss eine Sperre einrichten.

Internetzugangsanbieter, die nicht zum Adressatenkreis der einzelnen Sperranordnung durch ein Gesetz, eine Behörde oder ein Gericht gehören, verstoßen im Fall einer Sperre gegen die Netzneutralität. Die Bundesnetzagentur kann in diesem Fall Zwangs- oder Bußgelder verhängen.

EU-Sanktionsverordnung

Die EU-Sanktionsverordnung (EU) 833/2014 enthält ein gesetzliches Verbot der Verbreitung von Inhalten bestimmter russischer Medien:

  • Als Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine hat die EU im März 2022 mit der Verordnung (EU) 2022/350 neue restriktive Maßnahmen gegen russische Medien, die sich an Propaganda-Aktivitäten beteiligen, angeordnet. Von den Sanktionsmaßnahmen betroffen sind Russia Today und Sputnik.
  • Im Juni 2022 wurden die Sanktionen mit Verordnung (EU) 2022/879 auf RTR Planeta, Russia 24 und TV Centre International erweitert.
  • Im Dezember 2022 wurden die Sanktionen durch Verordnung (EU) 2022/2474 auf NTV/NTV Mir, Rossiya 1, REN TV und Pervyi Kanal ausgeweitet.
  • Im Februar 2023 wurden die Sanktionen durch Verordnung (EU) 2023/427 auf RT Arabic und Sputnik Arabic erweitert.
  • Im Juni 2023 wurden die Sanktionen durch Verordnung (EU) 2023/1214 auf RT Balkan, Oriental Review, Tsargrad, New Eastern Outlook und Katehon ausgeweitet.

Die Änderungsverordnungen erweitern die bestehende Sanktionsverordnung (Verordnung (EU) 833/2014) gegen Russland, welche seit der Krim-Annexion besteht. Ziel ist es, den Informationsfluss dieser Medien in der EU einzuschränken.

Das Verbreitungsverbot verbietet auch die Mitwirkung an der Verbreitung entsprechender Inhalte russischer Medien. Es umfasst somit auch die Einrichtung von Sperren durch Internetzugangsanbieter. Die europäische Verordnung gilt unmittelbar und bedarf keiner weiteren Umsetzung durch einen nationalen Verwaltungsakt. Das heißt, Internetzugangsanbieter sind unmittelbar zur Einrichtung von Sperren für die Webseiten der in den Verordnungen genannten Unternehmen verpflichtet. Gleiches gilt auch für Webseiten von Dritten, die Inhalte der genannten Unternehmen verbreiten.

Sperrungen auf Grundlage der EU-Sanktionsverordnung sind aus Sicht der Bundesnetzagentur gemäß Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe a Verordnung (EU) 2015/2120 ("durch Unionsrecht in Form der durch die jeweilige Änderungsverordnung angepassten Sanktionsverordnung (EU) 833/2014") gerechtfertigt. Dies entspricht auch der Auffassung von BEREC, dem Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation. Pressemitteilungen von BEREC zu diesem Thema finden Sie in der Meldung vom 4. März 2022 sowie vom 11. März 2022. Weitere Informationen der EU-Kommission finden Sie in den Frequently Asked Questions – as of 30 June 2022 (pdf / 318 KB) und hier European Commission: EU sanctions against Russia following the invasion of Ukraine.

Die Bundesnetzagentur ist nicht für die Durchsetzung der EU-Sanktionsverordnungen zuständig. Ihre Aufgabe ist die Überwachung der Netzneutralitätsverordnung (Verordnung (EU) 2015/2120).

Ein Internetzugangsanbieter muss den Verpflichtung nach der EU-Sanktionsverordnung nachkommen. Tut er das nicht, liegt es in der Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehungsweise bei einem fahrlässigen Verstoß bei den Ordnungswidrigkeitsbehörden, einzugreifen. Zuständig sind die Staatsanwaltschaften oder Polizeidienststellen beziehungsweise Ordnungswidrigkeits-Behörden am Sitz des Unternehmens, welches die EU-Sanktionsverordnung nicht oder nicht richtig umsetzt.

Internetzugangsanbieter unterliegen den Verpflichtungen der EU-Sanktionsverordnung (wonach entsprechende Inhalte zu sperren sind). Zudem müssen sie sich an die Netzneutralitätsverordnung halten, wonach Netzsperren grundsätzlich unzulässig sind, es sei denn es liegt ein Ausnahmegrund vor. Die Unternehmen brauchen Rechtssicherheit in Bezug auf Netzneutralität. Deshalb findet sich hier eine Aufzählung von Webseiten, von denen die Bundesnetzagentur Kenntnis erlangt hat und die auf Grund der Änderungsverordnungen (EU) 2022/350, (EU) 2022/879, (EU) 2022/2474 und (EU) 2023/427 unter den Ausnahmetatbestand nach Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe a TSM-VO fallen. Im Fall der Sperrung durch Internetzugangsanbieter besteht kein Verstoß gegen die Netzneutralität.

Die Aufzählung stellt keine „Sperrliste“ (im Sinne von Sperr-Aufforderungen seitens der Bundesnetzagentur) dar. Sie dient der Mitteilung, welche Webseiten derzeit netzneutralitätskonform gesperrt werden dürfen, ohne dass dies ein Zwangsgeld- oder Bußgeldrisiko wegen Verletzung der Netzneutralitätsvorschriften nach sich zieht.

Domains, die aufgrund der EU-Sanktionsverordnung im Fall der Sperrung durch Internetzugangsanbieter keinen Verstoß gegen die Netzneutralität begründen. (pdf / 238 KB)

Sperren wegen Urheberrechtsverletzungen

Websitensperren wegen Urheberrechtsverletzung

Fiete Wulff, Leiter der Pressestelle der Bundesnetzagentur, beantwortet drei Fragen zum Thema DNS-Sperren.

Was ist die Clearingstelle Urheberrecht im Internet?
Die Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII) ist eine gemeinsame Initiative von Unternehmen, Branchenverbänden und Internetzugangsanbietern. Sie prüft, ob für Webseiten, die das Urheberrecht verletzen, eine DNS-Sperre eingerichtet werden sollte. Die Sperre sorgt dafür, dass illegale Webseiten nicht mehr ohne Weiteres aufgerufen werden können. Rechteinhaber wie beispielsweise Musik- oder Filmstudios, können so schneller gegen Betreiber von Webseiten vorgehen, deren Geschäftsmodell auf Urheberrechtsverletzungen aufbaut.

Für Rechteinhaber ist der Rechtsweg bis zur Einrichtung einer DNS-Sperre durch den Internetzugangsanbieter jedoch oftmals langwierig. Beide Seiten riskieren durch das Prozessrisiko Kosten. Das Verfahren der CUII soll langwierige zivilgerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Rechteinhabern und Internetzugangsanbietern um die Implementierung von DNS-Sperren vermeiden.

Im Zentrum des Verfahrens steht ein dreiköpfiger Prüfungsausschuss unter Beteiligung ehemaliger BGH-Richter, der auf Antrag der Rechteinhaber eine DNS-Sperre empfehlen kann.

Der Prüfausschuss der CUII leitet sein Prüfergebnis in Form einer Empfehlung der Bundesnetzagentur zu. Dies geschieht auf freiwilliger Basis. Auch die von der Bundesnetzagentur durchgeführte Prüfung beziehungsweise Stellungnahme erfolgt zu diesem Zeitpunkt formlos. Grund dafür ist, dass DNS-Sperren vorab nicht bei der Bundesnetzagentur angezeigt oder genehmigt werden müssen.

Die Bundesnetzagentur beurteilt die Empfehlung der CUII zugunsten der jeweilig beantragten DNS-Sperre im Hinblick auf die Netzneutralitäts-Vorgaben. Anschließend übermittelt sie ihre Einschätzung an die CUII. Ein Ausnahmegrund besteht nach den Netzneutralitäts-Vorgaben, wenn die Voraussetzungen für einen Sperranspruch gegen den Internetzugangsanbieter nach § 7 Absatz 4 TMG vorliegen. Dies ist der Fall,
- wenn ein Rechteinhaber sein Urheberrecht belegen kann,
- seine Werke ohne seine Zustimmung im Netz veröffentlicht werden,
- er keine andere Möglichkeit hat, der Rechtsverletzung abzuhelfen,
- wenn die Sperrung zumutbar und verhältnismäßig ist.

Die Bundesnetzagentur hält sich hierbei im Rahmen der geltenden Rechtsprechung und betreibt keine Rechtsfortbildung.

Erst wenn keine Netzneutralitätsbedenken bestehen, richten die Internetzugangsanbieter eine DNS-Sperre ein.
Die CUII veröffentlicht alle Empfehlungen unter https://cuii.info/empfehlungen.

Das freiwillige Verfahren der CUII hat keine präjudizielle Wirkung auf die Sach- und Rechtslage. Das heißt, wenn sich nach Einrichtung einer Sperre die Sachlage ändert oder die Betreiber von Internetseiten Beschwerde einreichen, überprüft die Bundesnetzagentur oder Gerichte nachträglich erneut die DNS-Sperre.

Häufig gestellte Fragen

Muss die Bundesnetzagentur jede DNS-Sperre überprüfen?

Wenn die Bundesnetzagentur Informationen erhält, dass eine DNS-Sperre gegen die TSM-Verordnung verstoßen könnte, muss sie überprüfen, ob ein Verstoß vorliegt. Die Bundesnetzagentur stellt nach Artikel 5 Absatz 1 TSM-Verordnung (Verordnung (EU) 2015/2120) sicher und überwacht, dass die Vorgaben zum Zugang zum offenen Internet eingehalten werden. Dazu gehört auch die Überprüfung, ob eingerichtete DNS-Sperren mit den Vorgaben der TSM-Verordnung in Einklang stehen.

Welche Vorgaben macht die europäische TSM-Verordnung?

Grundsätzlich gilt, dass alle Daten im Netz gleichbehandelt werden müssen und keine Inhalte gesperrt werden dürfen.

Verkehrsmanagement-Maßnahmen sind ausnahmsweise erlaubt

  • zur Einhaltung von Rechtsvorschriften,
  • im Fall einer Anordnung durch Gericht oder Behörde,
  • zum Schutz der Netzintegrität und –sicherheit sowie
  • zur Verhinderung drohender beziehungsweise der Abmilderung außergewöhnlicher oder vorübergehender Netzüberlastungen.

Verkehrsmanagement-Maßnahmen, zu denen auch die Sperrung von Internetseiten gehört, sind nach Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 3 a TSM-Verordnung erlaubt, solange und soweit sie erforderlich sind, um nationalen Rechtsvorschriften zu entsprechen, denen der Internetzugangsanbieter unterliegt.

Welche Aufgaben hat die Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII)?

Rechteinhaber und Internetzugangsanbieter haben die Clearingstelle Urheberrecht (CUII) initiiert. Ein Prüfungsausschuss unter Beteiligung ehemaliger BGH-Richter ist darin etabliert.

Der Ausschuss prüft die Anträge der Rechteinhaber darauf, ob die rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Einrichtung der Sperre vorliegen. Der Prüfausschuss stützt sich bei seiner Beurteilung auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für Sperransprüche.

Alle beteiligten Internetzugangsanbieter können mit dem Verfahren der Clearingstelle DNS-Sperren schneller umsetzen.

Welche Seiten werden mit dem Verfahren der CUII gesperrt? Können Privatunternehmen einfach entscheiden, welche Webseiten gesperrt werden?

Mit dem Verfahren der CUII sollen nur urheberrechtswidrige Seiten gesperrt werden.

So werden Internetseiten bezeichnet, die gezielt auf die Verletzung urheberrechtlich geschützter Werke ausgerichtet sind. Bei solchen Internetseiten fallen in Bezug auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten die legalen Inhalte größenmäßig nicht ins Gewicht.

In der Praxis fehlen Rechteinhabern - wie beispielsweise Musik- oder Filmstudios - effiziente Zugriffsmöglichkeit. Es ist schwer, gegen Betreiber von Webseiten vorzugehen, deren Geschäftsmodell auf Urheberrechtsverletzungen aufbaut. Illegale Streaming-Seiten werden häufig aus nicht-europäischen Ländern betrieben, die eine behördliche Zusammenarbeit verweigern oder erschweren. Diese Seiten sind aber aus Deutschland zu erreichen.

Rechteinhaber können die Sperrung solcher Webseiten durch den Internetzugangsanbieter verlangen. Das ist möglich, wenn sie keine andere Möglichkeit haben, der Rechtsverletzung abzuhelfen und die Sperrung zumutbar und verhältnismäßig ist.

Wie arbeiten Bundesnetzagentur und CUII zusammen?

  1. Der Prüfausschuss der CUII leitet sein Prüfergebnis in Form einer Empfehlung der Bundesnetzagentur zu. Dies geschieht auf freiwilliger Basis. Auch die von der Bundesnetzagentur durchgeführte Prüfung beziehungsweise Stellungnahme erfolgt zu diesem Zeitpunkt formlos. Denn die TSM-Verordnung sieht keine Ex-ante-Prüfung bei der Bundesnetzagentur vor, also eine Prüfung im Voraus. Ebenso gibt es keine Genehmigungs- oder Anzeigepflichten für DNS-Sperren der Internetzugangsanbieter.
  2. Die Bundesnetzagentur beurteilt die Empfehlung der CUII zugunsten der jeweilig beantragten DNS-Sperre im Hinblick auf die Netzneutralitätsvorgaben. Dann übermittelt sie ihre Einschätzung an die CUII.
  3. Erst wenn keine Netzneutralitätsbedenken bestehen, richten die Internetzugangsanbieter eine DNS-Sperre ein.

Was genau prüft die Bundesnetzagentur?

Die Bundesnetzagentur prüft in jedem Einzelfall, ob die Voraussetzungen nach Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe a TSM Verordnung vorliegen. Die Einrichtung einer DNS-Sperre ist mit den Vorgaben zur Netzneutralität dann vereinbar, wenn sie zur Durchsetzung von nationalen oder europäischen Rechtsvorschriften erforderlich ist.

Solche nationalen Rechtsvorschriften sind zum Beispiel § 7 Abs. 4 Telemediengesetz (TMG) / § 7 Abs. 4 TMG analog sowie § 109 Abs. 3 Medienstaatsvertrag (MStV), beziehungsweise als europäische Vorschrift Art. 8 Absatz 3 der Richtlinie 2001/29/EG.

Nach dem Urheberrecht kann allein der Rechteinhaber entscheiden, wann, wo und wie seine rechtlich geschützten Werke veröffentlicht werden. § 7 Abs. 4 TMG gibt dem Rechteinhaber deshalb einen Anspruch gegen den Internetzugangsanbieter auf Sperrung der Nutzung von Informationen.
Voraussetzung dafür ist, dass der Rechteinhaber sein Urheberrecht belegen kann. Hat er keine andere Möglichkeit, der Rechtsverletzung abzuhelfen, und vorausgesetzt, dass die Sperrung zumutbar und verhältnismäßig ist, gilt das gleiche.

Der Rechteinhaber muss zunächst erfolglos versucht haben, gegen den rechtsverletzenden Webseitenbetreiber vorzugehen. Außerdem muss „Overblocking“ vermieden werden. Das heißt, es muss sich bei den betroffenen Internetseiten um urheberrechtsverletzende Seiten handeln. Gemeint sind Seiten, bei denen legale Inhalte in Bezug auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen und rechtswidrigen Inhalten der Internetseite nicht ins Gewicht fallen.

Zu beiden Aspekten existiert einschlägige Rechtsprechung des BGH und des EuGH sowie unterinstanzliche Rechtsprechung, die die höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisiert. Die Bundesnetzagentur legt diese zivilgerichtliche Rechtsprechung bei ihrer Prüfung zugrunde. Die Bundesnetzagentur nimmt aber selbst keine Rechtsfortbildung oder Konkretisierung von bestehender Rechtsprechung zum Urheberrecht vor; dies liegt außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs.

Wie wird sichergestellt, dass die Grundrechte aller Betroffenen ausreichend berücksichtigt werden?
Handelt es sich bei diesen Sperren nicht um Zensur?

Es gibt eine Prüfung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit. Hier wird zwischen den betroffenen Grundrechten des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber auf der einen Seite und der Informationsfreiheit und informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer auf der anderen Seite abgewogen. Eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung ist immer vorzunehmen, wenn Grundrechte betroffen sind. Das gilt sowohl für Gerichte, als auch für Behörden wie die Bundesnetzagentur.

Internetnutzer haben trotz der Sperre von Internetseiten weiterhin die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise die urheberrechtlich geschützten Inhalte zum Beispiel bei kommerziellen Streamingdiensten zu erlangen. Durch die Sperre urheberrechtswidriger Internetseiten werden nicht die urheberrechtlich geschützten Inhalte dieser Seiten „verboten“ oder „zensiert“. Vielmehr wird die rechtswidrige Veröffentlichung dieser Inhalte ohne die Zustimmung des Rechteinhabers unterbunden. Der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells soll sich nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können. Deshalb ist eine Sperrung laut BGH nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite bereitgehalten werden.

Wie können unrechtmäßige DNS-Sperren vermieden werden?

Im Verfahren der CUII sollen nur eindeutig urheberrechtswidrige Internetseiten gesperrt werden. Eine Sperrung erfolgt deshalb nur, wenn aus Sicht der Bundesnetzagentur keine Netzneutralitätsbedenken bestehen.

Das freiwillige Verfahren der CUII hat keine präjudizielle Wirkung auf die Sach- und Rechtslage. Das heißt, wenn sich nach Einrichtung einer Sperre die Sachlage ändert oder die Betreiber von Internetseiten Beschwerde einreichen, überprüft die Bundesnetzagentur nachträglich erneut die DNS-Sperre.
Sollten Internetzugangsanbieter Verkehrsmanagement-Maßnahmen entgegen Artikel 3 TSM-Verordnung anwenden (§ 149 Abs. 1b Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 TKG), kann die Bundesnetzagentur eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro verhängen.

Müssen nicht die Gerichte eingebunden werden?

Wenn sich ein Sperranspruch bereits aus einer Rechtsvorschrift ergibt, ist keine (zusätzliche) gerichtliche Anordnung oder Bestätigung notwendig. Inzwischen gibt es gefestigte Rechtsprechung des BGH und des EuGH zur Sperrung urheberrechtswidriger Internetseiten. Zudem besteht unterinstanzliche Rechtsprechung, die die höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisiert. Deshalb sind Rechteinhaber für die Durchsetzung einer DNS-Sperre nicht mehr auf die gerichtliche Auseinandersetzung angewiesen.

Eine gerichtliche Überprüfung der DNS-Sperre ist jedoch jederzeit möglich, zum Beispiel auf Veranlassung des Internetseitenbetreibers.

EuGH zur Sperrung von Internetseiten durch den Internetzugangsanbieter
BGH zur Störerhaftung des Internetzugangsanbieters

Wo kann ich erfahren, welche Internetseiten gesperrt wurden?

Die CUII veröffentlicht alle Empfehlungen auf dieser Seite.


Hinweise für Verbraucherinnen und Verbraucher

  • Die Bundesnetzagentur prüft, ob bereits eingerichtete DNS-Sperren mit der Netzneutralität vereinbar sind.
  • Die Bundesnetzagentur überprüft nicht die Rechtmäßigkeit von Webseiten.
  • Die Bundesnetzagentur kann auch weder DNS-Sperren anordnen noch durchsetzen.

[ENDE]

Wenn Sie selbst die Entfernung von illegalen Inhalten aus dem Internet anstreben, können Sie wie folgt vorgehen:

  1. Stellen die illegalen Inhalte eine Straftat dar (zum Beispiel Betrug durch einen Fake-Shop, verfassungswidrige oder terroristische Inhalte, Beleidigungen), können Sie dies bei der Polizei anzeigen. Mit der Verfolgung der Straftat sind aber noch nicht notwendigerweise die illegalen Inhalte aus dem Netz entfernt. Hinweise der Polizei zum Vorgehen speziell bei Fake-Shops finden Sie hier: Ratgeber Internetkriminalität
  2. Geht es Ihnen um die Entfernung von illegalen Inhalten oder einem illegalen Account auf einer Social Media-Plattform oder einem Online-Marktplatz, dann können Sie das Beschwerdeformular der jeweiligen Plattform nutzen. Diese Plattformen stellen in der Regel ein Beschwerdeformular zur Verfügung, um Verstöße gegen ihre Community Richtlinien zu melden.
  3. Falls es Ihnen um die Sperrung der gesamten illegalen Webseite geht, empfiehlt es sich wie folgt vorzugehen. Wenn Sie sich zu einem solchen Vorgehen entscheiden, empfiehlt sich die rechtliche Beratung durch einen Anwalt/eine Anwältin oder eine Verbraucherzentrale:

    1. Falls ein Impressum vorhanden ist, müssen Sie in einem ersten Schritt den dort genannten Webseitenbetreiber kontaktieren und darum bitten, die illegalen Inhalte zu löschen.
    2. Oftmals findet sich ein solches Impressum aber nicht, oder der Webseitenbetreiber reagiert nicht. In dem Fall kann eine Abfrage bei einem für die jeweilige Top-Level-Domain zuständige Network Information Center weiterhelfen, um Kontakt mit oder Informationen über den Domain-Inhaber zu erhalten. Eine Liste mit allen existierenden Endungen und den jeweiligen Registrierungsstellen ist abrufbar auf der Webseite der IANA: https://www.iana.org/domains/root/db
    3. In einem weiteren Schritt können Sie im Falle einer illegalen Webseite die Hostingdiensteanbieter kontaktieren. Diese stellen für die Meldung von Verstößen gegen ihre Community Richtlinien in der Regel ein Beschwerdeformular zur Verfügung. Zudem können Beschwerde-Kontakte über das „Réseaux IP Européens Network Coordination Centre (RIPE NCC)“ ermittelt werden: https://stat.ripe.net/app/launchpad/. Den Hostingdiensteanbieter können Sie über eine „who is“-Abfrage zu der IP-Adresse, unter der die Website gehostet ist, ermitteln: https://apps.db.ripe.net/db-web-ui/query
    4. Reagiert auch der Hostingdiensteanbieter nicht, können Sie sich an Ihren Internetzugangsanbieter wegen der Einrichtung einer DNS-Sperre wenden. Aus Gründen der Netzneutralität wird der Internetzugangsanbieter aber ganz regelmäßig eine solche Sperre erst bei Vorliegen eines Gerichtsurteils einrichten. In einem solchen zivilrechtlichen Verfahren müssen Sie typischerweise nachweisen, dass Sie vorab erfolglos versucht haben, den Webseitenbetreiber, Domain-Inhaber und den Hostingdiensteanbieter um die Entfernung der illegalen Inhalte bzw. der Webseite zu bitten.


Technischer Hintergrund - Arten der Sperrmaßnahmen

Es bestehen mehrere technische Möglichkeiten, eine Sperre im Internet einzurichten. Für das bessere Verständnis werden im Folgenden die unterschiedlichen technischen Instrumente vorgestellt. Diese unterscheiden sich in der Umsetzung, den Umgehungsmöglichkeiten, potenziellen Overblocking-Effekten sowie möglichen Eingriffen in die Privatsphäre der Endnutzer.

In der Regel werden von den zuständigen Behörden oder Gerichten DNS-Sperren angeordnet.

1. DNS-Sperre

Rein technisch werden Endpunkte wie Webserver oder PCs im Internet über Internetprotokoll-Adressen (IP-Adressen) adressiert. IP-Adressen sind (alpha)numerische Kennungen, die es ermöglichen, Computer oder Webseiten zu identifizieren und damit zu kommunizieren.

Die Website der Bundesnetzagentur ist zum Beispiel aktuell der IP-Adresse 194.156.220.33 zugeordnet. Da die numerischen IP-Adressen für den täglichen Gebrauch jedoch wenig praktikabel sind, werden IP-Adressen lesbaren „Domain-Namen“ wie beispielsweise „www.bundesnetzagentur.de“ zugeordnet. Zum Aufrufen einer Internetseite kann also die IP-Adresse oder die Domain in die Adresszeile des Browsers eingegeben werden.

Das „Domain Name System“ (DNS) ist das „virtuelle Adressbuch“ des Internet. Richtet der Internetzugangsanbieter eine DNS-Sperre ein, wird die Zuordnung zwischen der Domain und der zugehörigen IP-Adresse im DNS-Server des Internetzugangsanbieters getrennt. Die Internetseite bleibt jedoch weiterhin bestehen, ist also nur nicht mehr durch Eingabe der Domain in die Adresszeile des Browsers zu erreichen. Über die IP-Adresse oder einen alternativen DNS-Anbieter kann die Webseite in der Regel weiterhin geöffnet werden.

In vielen Fällen richtet der Internetzugangsanbieter in seinem DNS-Server für die Beantwortung der zu sperrenden Domain eine von der ursprünglichen abweichende IP-Adresse ein. Abfragen führen dann zu einer Website, die über den Grund und den Inhalt der Sperre aufklärt. Ist dies nicht der Fall, erscheint eine allgemeine Fehlermeldung.

Was sind die Vor- und Nachteile einer DNS-Sperre?
Grundsätzlich ist die Löschung rechtswidriger Inhalte beim Hosting-Provider die wirkungsvollste Lösung. Diese kann aber oft nicht realisiert werden, da der Hosting-Provider unter Umständen nicht ermittelt werden kann oder in Ländern beheimatet ist, in denen eine Löschung aufgrund eines deutschen Urteils oder eines deutschen Verwaltungsakts nicht vollzogen wird.
Ein kritischer Punkt bei der DNS-Sperre ist, dass eine solche Sperre leicht umgangen werden kann.
Dennoch kann durch die Einrichtung einer DNS-Sperre mit vergleichsweise überschaubarem Aufwand und Kosten ein Großteil der Internetnutzer:innen vom Zugriff illegaler Angebote abgehalten werden.

2. IP-Sperre

Bei der IP-Sperre wird der Zugang zu einer IP-Adresse durch den Internetzugangsanbieter gesperrt. Den Nutzenden ist es dann grundsätzlich nicht mehr möglich, die Webseite durch Eingabe der Domain oder der IP-Adresse zu erreichen.

In diesem Fall wird technisch keine Umleitung eingerichtet wird, sondern die IP-Adresse als solche gesperrt. Daher kann beim Aufruf einer Domain, welche die gesperrte IP-Adresse verwendet, technisch nicht über die Sperre informiert werden. Es erscheint dann eine allgemeine Fehlermeldung, dass die IP-Adresse nicht erreicht werden kann.

Bei IP-Sperren ist jedoch zu beachten, dass oft zahlreiche Webseiten oder andere Ziele im Internet dieselbe IP-Adresse nutzen. Wird diese IP-Adresse durch den Internetzugangsanbieter gesperrt, können keine Inhalte hinter dieser IP-Adresse von den Kundinnen und Kunden des Internetzugangsanbieters abgerufen werden. Hierbei kommt es somit oft zu weitreichendem „Overblocking“, also unbeabsichtigten Sperren legaler Inhalte.

3. URL-Sperre

Unter einer URL ("Uniform Resource Locator“) versteht man die exakte Internetadresse einer spezifischen Unterseite einer Website, also zum Beispiel "https://www.bundesnetzagentur.de/netzneutralitaet". Im Unterschied zur Domain ist die URL spezifischer. Die Domain ("www.bundesnetzagentur.de") ist ein Bestandteil der URL. Anders als bei der IP-Sperre werden bei der URL-Sperre nur Teilbereiche einer Domain gesperrt beziehungsweise umgeleitet. In der Regel erscheint auf dem Bildschirm ein Hinweis, dass die aufgerufene Webseite blockiert ist. Um eine URL-Sperre umzusetzen, muss ein Internetzugangsanbieter jedoch den Inhalt des Datenverkehrs analysieren. Im Fall von verschlüsseltem Verkehr wäre dies dem Internetzugangsanbieter technisch gar nicht möglich.

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