„AgNes“ erklärt
Mit dem Urteil vom 2. September 2021 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Entscheidungsspielraum der Bundesnetzagentur in ihrer Funktion als Regulierungsbehörde zu gering sei und nicht unabhängig genug erfolge. Die Berechnung der Netzentgelte soll selbstständig und geschützt vor jeglichen Weisungen sowie politischer Einflussnahme von außen erfolgen.
- Geänderte Rahmenbedingungen durch die Energiewende
- Zielbild für die Netzentgeltsystematik
- Status quo der Netzentgeltbildung Strom in Deutschland
Die bisherige Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) und die Anreizregulierungsverordnung (ARegV) treten am 31. Dezember 2028 außer Kraft.
Die StromNEV legt die Art und Weise der Bildung von Netzentgelten fest, die ARegV ergänzt den regulatorischen Rahmen für die zulässigen Erlöse der Netzbetreiber (Erlösobergrenze), um Anreize an Effizienz und damit Kostensenkung zu schaffen.
Die Rahmenfestlegung der Allgemeinen Netzentgeltsystematik Strom (AgNes)
Diese Festlegung wird die Nachfolgeregelungen zu den die Entgeltbildung betreffenden Teilen der heutigen StromNEV enthalten.
Ziel ist es, eine Netzentgeltsystematik zu entwickeln, die ein freies und faires Agieren aller Netznutzer an den verschiedenen Märkten ermöglicht, ohne die Belange der Netze zu vernachlässigen. Sie soll zudem den veränderten Rahmenbedingungen durch die Energiewende gerecht werden. Hierzu wurden und werden die wichtigsten Themen und Thesen rund um den öffentlichen Diskurs ermittelt, diskutiert und erste Denkanstöße gesetzt - wobei die Entwicklung einer allgemeinen Systematik zur Bildung der Netzentgelte unter Berücksichtigung folgender Kriterien im Fokus steht:
- Angemessene und gerechte Kostenverteilung an alle Netznutzer
- Berücksichtigung neuer Akteure wie Prosumer und zunehmendem Volumen an Speicheroptionen
- Diskussion über Einspeiseentgelte und Anpassungsoptionen zur Kostenbeteiligung
- Fokus auf Kostenorientierung, richtige Anreize und Umsetzbarkeit der neuen Regelungen
Geänderte Rahmenbedingungen durch die Energiewende
In der heutigen Netzentgeltsystematik tragen allein die entnehmenden Netznutzer die Kosten des Netzes. Jedoch steigt die dezentrale Einspeisung aus erneuerbaren Energien (EE) kontinuierlich, was zu Rückspeisungen und einem hohen Netzausbaubedarf führt. Das Netznutzungsverhalten verändert sich, wobei die Eigenerzeugung von Industrie, Gewerbe und Haushalten zunimmt. E-Mobilität und Wärmepumpen führen perspektivisch zu zusätzlichen Verbräuchen mit einer höheren Gleichzeitigkeit auf der Niederspannungsebene.
Zielbild für die Netzentgeltsystematik
- Netzentgelte sind nicht Steuern und Abgaben gleichzusetzen, denn die Netzinfrastruktur ist ganz überwiegend privatwirtschaftlich organisiert.
Selbst kommunale Unternehmen sind oft als Kapitalgesellschaften organisiert. Obwohl es bei dem Betrieb der Netze um eine wichtige Funktion für Wirtschaft und Gesellschaft geht, sind die Netzentgelte die Gegenleistung für die Bereitstellung der Netzinfrastruktur. Netzentgelte müssen und dürfen nur die Beträge einnehmen, die durch Genehmigung einer Regulierungsbehörde vorab als effiziente Kosten des Netzbetriebs zugestanden werden (Finanzierungsfunktion). - Ziele ergeben sich aus dem Rechtsrahmen unter den Dimensionen Kostenorientierung, Anreizfunktion, Finanzierungsbeteiligung und Umsetzbarkeit.
- Die Finanzierungsfunktion und die Kostenreflexivität sind Ziele, bei deren Realisierung es zu Konflikten kommen kann.
Quelle: AgNes Diskussionspapier GBK BNetzA, Mai 2025
Status quo der Netzentgeltbildung Strom in Deutschland
- Die aktuelle Netzentgeltsystematik ist in der StromNEV geregelt - Netzentgelte basieren bis dato auf den Kosten, die den Netzbetreibern für Betrieb, Unterhaltung und Ausbau der Netze entstehen
- Die Berechnung der Netzentgelte erfolgt über die Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, ausgehend von der zulässigen Erlösobergrenze.
- Es gibt Sondertatbestände in Gesetz und Verordnung, die von der allgemeinen Netzentgeltsystematik abweichen, wie
- das sog. „Pooling“,
- „individuelle Entgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV“ oder
- sog. „vermiedene Netzentgelte“ gem. § 18 StromNEV,
- In § 118 Abs. 6 EnWG sind befristete Netzentgeltbefreiungen geregelt, in § 15 Abs. 1 S. 2 StromNEV ist aktuell geregelt, dass für die Einspeisung von elektrischer Energie keine Netzentgelte zu entrichten sind.