Strom­netz­be­trei­ber

Die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) enthält Regelungen über Zugangsentgelte zum Elektrizitätsversorgungssystem. Die Entgelte für die Durchleitung müssen transparent und angemessen kalkuliert werden. Die nachfolgenden Informationen bieten Stromnetzbetreibern einen Überblick zu anreizregulatorischen Themenfeldern.

Belegenheit des Netzes und Kundenanzahl

Netzbetreiber müssen der Bundesnetzagentur jedes Jahr zum 31. März die Zahl der am 31. Dezember des Vorjahres unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Kunden mitteilen. Gleichzeitig sind sie zur Übermittlung von Auskünften über die Belegenheit des Gasverteilernetzes bezogen auf die Bundesländer verpflichtet (§ 28 Satz 2 ARegV).

Was genau es mit den rechtlichen Begrifflichkeiten „unmittelbar oder mittelbar angeschlossene Kunden“ auf sich hat und was Netzbetreiber bei der Meldung beachten müssen, ist in diesem Dokument zusammengefasst:
FAQ zur Abfrage nach § 28 S.2 ARegV (pdf / 64 KB)

Die Daten werden ausschließlich durch ein Webformular im Energiedatenportal der Bundesnetzagentur abgefragt.

Eine darüber hinausgehende Meldung via Brief, Fax oder E-Mail ist nicht notwendig und entbindet auch nicht von der Verpflichtung, die Meldung bis zum entsprechenden Zeitpunkt über das Webformular vorzunehmen.

Die Pflicht zur Meldung von Unternehmensstammdaten bzw. deren Änderungen bleiben hiervon unberührt.

Netzentgeltsystematik

Netzentgelte sind von den Netzbetreibern zu kalkulieren und basieren auf den durch die Regulierungsbehörden festgelegten zulässigen Erlösobergrenzen. Die zulässigen Erlösobergrenzen ergeben sich aus den von den Regulierungsbehörden geprüften Kosten für Betrieb, Unterhaltung und Ausbau des Netzes zuzüglich des regulatorischen Gewinns (der sogenannten Eigenkapitalverzinsung) sowie den jährlichen Anpassungen.

Die Ermittlung der Netzentgelte erfolgt über mehrere Schritte. Nach der Verteilung der geprüften Kosten auf die Kostenstellen (Anlage 2 StromNEV) werden die Kosten den Kostenträgern (Anlage 3 StromNEV) zugeordnet. Die Kostenträger werden mittels der Jahreshöchstlast der Netz- oder Umspannebene in die spezifischen Jahreskosten überführt. Aus den spezifischen Jahreskosten werden abschließend mit Hilfe der g-Funktion (Anlage 4 StromNEV) die Entgelte (Leistungs- und Arbeitspreis) gebildet.

In sogenannten Festlegungsverfahren treffen die Beschlusskammern der Bundesnetzagentur notwendige Entscheidungen rund um die anreizregulierte Netzentgeltbildung. Für Stromnetzentgelte ist die Beschlusskammer 8 zuständig.

Der Bericht zur Netzentgeltsystematik (Stand Dezember 2015) (pdf / 1 MB) ist eine Analyse der bestehenden Strukturen inklusive grundsätzlicher Überlegungen zu Vor- und Nachteilen von denkbaren Entgeltsystemen.

Effizienzvergleich

Ein elementares Werkzeug der Anreizregulierung ist der Effizienzvergleich. Um einschätzen zu können, wie wirtschaftlich die einzelnen Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber gehandelt haben, gibt es diverse Vergleichsparameter.

Die Parameter basieren auf wissenschaftlichen Methoden und berücksichtigen die derzeit aufgrund der Energiewende erforderlichen Umstrukturierungen der Netzbetreiber.

Die Ergebnisse des Effizienzvergleichs sind wiederum die Grundlage für die individuellen Erlösobergrenzen der Betreiber.

Erlösobergrenze

Vor jeder Regulierungsperiode wird bestimmt, wie hoch die Erlöse der Netzbetreiber in der jeweils laufenden Periode sein dürfen. Es findet eine individuelle Prüfung der betriebsnotwendigen Kosten der betroffenen Unternehmen statt.

Das Ergebnis fließt in den Effizienzvergleich ein und ist der Ausgangspunkt zur Bestimmung der Erlösobergrenze.

Regulierungskonto

Die zugestandenen Erlöse können vom tatsächlich erwirtschafteten Ertrag eines Unternehmens abweichen. Da die Obergrenze vor der entsprechenden Regulierungsperiode festgelegt wird, können Mengenschwankungen entstehen. Die Ursache dafür sind beispielsweise unvorhergesehene Temperaturschwankungen oder konjunkturelle Entwicklungen.

Das Regulierungskonto dient als Ausgleich solcher möglichen Prognoseunsicherheiten und verhindert somit das Mengenrisiko. Zudem erfasst es Differenzen bei Plan- und Ist-Kosten, die unter anderem durch vorgelagerte und vermiedene Netzentgelte entstehen können.

Kapitalkostenabgleich: Aufschlag und Abzug

Vor der Novellierung der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) im Jahr 2016 konnten drei Sockeleffekte bei der regulatorischen Ermittlung der Erlösobergrenze entstehen:

  1. Negativer Sockeleffekt: Späte Berücksichtigung von Abschreibungen und Eigenkapitalverzinsung
  2. Positiver Sockeleffekt über die gesamte Nutzungsdauer: Sinkende Restbuchwerte werden bei der kalkulatorischen Verzinsung im Basisjahr nicht berücksichtigt
  3. Positiver Sockeleffekt über maximal eine Regulierungsperiode: Bei den Abschreibungen wird das Ende der Nutzungsdauer nicht berücksichtigt

Um diesen Effekten entgegen zu wirken, gibt es seit der ARegV-Novelle den Kapitalkostenabgleich, der aus dem Kapitalkostenaufschlag und –abzug besteht.

Qualitätselement

Bei der Anreizregulierung werden Netzbetreibern Erlösabsenkungen vorgeschrieben. Um Kosten einzusparen, könnten die Unternehmen erforderliche Investitionen in ihre Netze oder notwendige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung oder Verbesserung ihrer Versorgungsqualität unterlassen. Dadurch könnte sich wiederum die Versorgungsqualität verschlechtern.

Um diesen Effekt zu vermeiden, ist die Qualitätsregulierung mittels eines Qualitätselements (Q-Element) gesetzlich vorgeschrieben (§§ 18 bis 21 Anreizregulierungsverordnung). Das Q-Element ist Bestandteil der Erlösobergrenzenformel und honoriert eine hochwertige Netzqualität. Durch ein Bonus- beziehungsweise Malussystem werden monetäre Anreize zur Optimierung der Netze geschaffen.

Netzübergänge

Anpassungen von Unternehmens- und Netzstrukturen bei den Energienetzbetreibern während der laufenden Regulierungsperiode haben Auswirkungen auf die Berechnungen rund um die Erlösobergrenze.

Damit die Erlöse dem neuen und alten Netzbetreiber korrekt zugeordnet werden können, ist ein Antrag bei der Bundesnetzagentur erforderlich. Dem Antrag sind alle notwendigen Informationen in Form eines ausgefüllten Erhebungsbogens beizufügen.

Entgeltgenehmigungsanträge

Neu errichtete Elektrizitätsversorgungsnetze unterliegen besonderen Bestimmungen bei den Netzentgelten.

Die genauen Anforderungen einer Genehmigung der Entgelte für den Netzzugang sind im Energiewirtschaftsgesetz (§ 23a) verankert.

Individuelle Netzentgelte

Wie hoch die Entgelte für das jeweilige netznutzende Unternehmen ausfallen, wird verursachungsgerecht bestimmt. Die Berechnung erfolgt auf Grundlage der Gleichzeitigkeitsfunktion.

Ausnahmen

Atypische Netznutzung

Unter bestimmten Voraussetzungen müssen Betreiber von Elektrizitätsversorgungssystemen Letztverbrauchenden ein individuelles Netzentgelt anbieten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 StromNEV).

Sofern durch individuelle Netzentgelte Verluste entstehen, bleiben diese bei der Kalkulation von allgemeinen Netzentgelten unberücksichtigt. Es gibt aber einen Ausgleich für die entgangenen Erlöse seitens der Übertragungsnetzbetreiber (§ 19 Abs. 2 Satz 13).Individuelle Netzentgelte sind genehmigungspflichtig.

Die Beschlusskammer 4 übernimmt die Überwachungsfunktion.

Singulär genutzte Betriebsmittel

Wenn ein Netzkunde singulär genutzte Betriebsmittel in Anspruch nimmt, orientiert sich die Entgeltbildung an den individuell zurechenbaren Kosten des Kunden (§ 19 Abs. 3 StromNEV).

Bei der individuellen Entgeltbildung sind die dazugehörigen Grundsätze (§ 4 StromNEV) zu beachten. Die Erlöse aus singulär genutzten Betriebsmitteln sind in der Bildung der allgemeinen Netzentgelte zu berücksichtigen.

Die Beschlusskammer 8 ist die Anlaufstellte für Beanstandungen bei der individuellen Entgeltbildung (Missbrauchsverfahren zum § 19 Absatz 3 StromNEV).

Vermiedene Netzentgelte

Insbesondere kommunale Versorger mit Erzeugungskapazitäten auf nachgelagerten Netzebenen haben sich in der Vergangenheit darum bemüht, Wettbewerbsnachteile ihrer kleineren Kraftwerke auszugleichen, um mit den großen Erzeugungsanlagen konkurrenzfähig zu bleiben.

Daraus entstand das Konstrukt der sogenannten vermiedenen Netzentgelte, die von den Verteilernetzbetreibern an Kraftwerke in Netzen unterhalb des Übertragungsnetzes ausgezahlt werden.

Das Konzept dieser speziellen Entgelte basiert auf der Annahme, dass den vergleichsweise kleineren Kraftwerken höhere Kosten bei der Stromerzeugung in der Höchstspannung entstehen.

Mastodon