Bundesnetzagentur veröffentlicht Diskussionspapier zur Bildung der Stromnetzentgelte
Ausgabejahr 2025
Erscheinungsdatum 12.05.2025
Die Bundesnetzagentur hat ein Verfahren zur „Allgemeinen Rahmenfestlegung Strom“ eröffnet. Dazu hat sie heute ein Diskussionspapier veröffentlicht.
"Wir müssen das System reformieren, nach dem Netzentgelte erhoben werden. Erstens wird die Zahl der Nutzer immer kleiner, die in voller Höhe Entgelte zahlen – bei gleichzeitig steigenden Kosten. Wir haben zweitens keine ausreichend wirksamen Signale, wie und wo Anlagen kostengünstig betrieben werden können, um einen unnötig teuren Ausbau der Netze zu vermeiden. Drittens gibt es im System heute keine Anreize, die flexibles Verhalten belohnen, eher im Gegenteil"
, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. "Unser Ziel ist es, die Netzentgeltsystematik zukunftsfähig zu machen und an die Herausforderungen der Energiewende anzupassen. Wir stehen am Anfang unseres Entscheidungsprozesses und beginnen diesen ergebnisoffen."
Anpassungsoptionen
Im Diskussionspapier werden mögliche Anpassungsoptionen bei der Bildung der Netzentgelte aufgezeigt und Fragen gestellt. Dazu gehört die Verbreiterung der Finanzierungsbasis durch eine Beteiligung von Einspeisern an den Netzkosten. Wesentlicher Treiber der Kosten im Netz ist der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung. Gleichzeitig sind in Deutschland für die Stromeinspeisung keine Netzentgelte zu entrichten. Anders als im Gasfernleitungsnetz und im Gegensatz zu Netzentgeltsystemen einiger anderer europäischer Länder werden in Deutschland Netzentgelte allein von den letztverbrauchenden Netzkunden gezahlt. Die Bundesnetzagentur will daher zum Beispiel diskutieren, ob und wie zukünftig Netzentgelte erhoben werden sollten, wenn Strom in das Netz eingespeist wird. Ein Beitrag kann entweder über einspeiseabhängige Entgelte oder über ein Grundnetzentgelt erhoben werden, das auch Einspeiser zahlen müssen. So würden die Kosten auf mehr Schultern verteilt.
Auch die Einführung neuer Entgeltkomponenten wie einen Grund- oder Kapazitätspreis ist denkbar. Oberhalb der Niederspannung sind derzeit alle Netzentgeltkomponenten rein entnahmeabhängig. Der Verbrauch wird mit Entgelten belastet, obwohl er nicht der wesentliche Kostentreiber ist. Ein zusätzlicher pauschaler Grundpreis könnte die Kosten sachgerechter reflektieren. Auch bei Prosumern in der Niederspannung könnte eine Stärkung der schon vorhandenen Grundpreiskomponente eine adäquate Beteiligung an den Netzkosten gewährleisten. Bei der Netzdimensionierung spielt die Netzanschlusskapazität eine wesentliche Rolle und gilt als ein weiterer Kostentreiber. Hier stellt sich die Frage, ob eine direkte Bepreisung der bestellten Netzanschlusskapazität sachgerecht wäre.
Dynamische Netzentgelte würden die Auslastung der Netze in ein zeitlich differenziertes lokales Preissignal umsetzen. Statische zeitvariable Netzentgelte sind eine einfache Vorform der Dynamisierung. Die verschiedenen Tarifstufen werden mit langem Vorlauf festgelegt, ändern sich selten und gelten meist für große Gebiete. Eine konkrete Umsetzungsmöglichkeit hat die Bundesnetzagentur in ihre Festlegung zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen geschaffen. Ein Netzentgelt, das sich nach dem aktuellen tatsächlichen Auslastungsgrad des Netzes bemisst, bedarf zahlreicher technischer Voraussetzungen wie einer nahezu vollständigen Digitalisierung von Netz und Netznutzern.
Um eine netz- sowie systemdienliche Einbindung von Speichern sicherzustellen, werden die Entgelte für die Nutzergruppe der Speicher im Diskussionspapier gesondert adressiert.
Die Anpassungsoptionen sollen ergebnisoffen und in einem stetigen und engen Austausch mit allen Stakeholdern diskutiert werden.
Hintergrund
Seit Inkrafttreten der geltenden Regelungen hat sich das Energieversorgungssystem deutlich gewandelt und verändert sich weiterhin. Dies stellt auch die Netzentgeltsystematik vor Herausforderungen. So führt der hohe Anteil lastferner Einspeisung zu hohen Netzausbaukosten und vermehrt zu einspeisedominierten Netzen. Zudem erfordert die steigende erneuerbare Erzeugung, dass Verbrauch und Einspeiser zunehmend flexibel agieren. Gleichzeitig fehlen durch die steigende Anzahl von Prosumern immer mehr Finanzierungsbeiträge für das Netz. Darüber hinaus gilt es, die wachsende Anzahl flexibler Verbraucher sowie Stromspeicher sinnvoll in Markt und Netz zu integrieren.
Die verschiedenen Anreizfunktionen einer Netzentgeltsystematik werden nur noch eingeschränkt erfüllt. Die stark entnahmeabhängigen Komponenten setzen einen dauerhaften Anreiz zum sparsamen Umgang mit Netzkapazität, der jedoch oft nicht notwendig ist und flexibles Nachfrageverhalten behindert.
Zum Verfahren „Allgemeine Netzentgeltsystematik" (kurz: AgNes)
Mit dem Urteil vom 2. September 2021 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Bundesnetzagentur in der Regulierung der Stromnetze unabhängig erfolgen muss und insbesondere im Bereich der Netzentgeltregulierung eigenständige Regelungen treffen muss.
Mit der Rahmenfestlegung „AgNes“ werden die bisher in §§ 12-20 StromNEV dargelegten Grundsätze der Netzentgeltsystematik Strom neu geregelt. Zur Strukturierung der Diskussion veröffentlicht die Bundesnetzagentur zur Eröffnung des Verfahrens das Diskussionspapier.
Das Diskussionspapier ist unter www.bundesnetzagentur.de/1059172 veröffentlicht. Stellungnahmen zum Diskussionspapier können bis zum 30. Juni 2025 abgegeben werden.